Mário Soares, ich weiß nicht ob sich jemand an ihn erinnert oder ihn überhaupt kennt, war in den 70-ern und 80-ern mal portugiesischer Ministerpräsident. Er ist noch heute einer der überzeugtesten Europapolitiker. "Ich wünsche mit die Vereinigten Staaten von Europa. Wenn wir das nicht schaffen, dann gibt es kein Europa mehr." Ich wünschte mir, wir hätten mehr Politiker, die solche klaren Worte finden. Es gibt, zu meinem großen Bedauern, keine Europapolitiker in Europa. Es gibt Egoisten, Narzisten, Populisten, nur keine Europäisten. Es gibt christlich-abendländische Visionäre und nationalistische Europahasser - beides Spinner, die nicht begriffen haben, dass Europa eine politische und zivilgesellschaftliche Union ist, die weder ein gemachtes Bett kultureller Identifikation für uns bereit hält, noch uns aus eben jenem vertreiben will. Was ist so schwer an der Vorstellung, Deutscher und Europäer zu sein? Angst, dass sich das eine und das andere irgendwann in Widerspruch zueinander befinden könnten? Und? Hat noch irgendwer diese Erfahrung NICHT gemacht? Schon Goethe lässt Faust im 1. Teil der Tragödie sagen: „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust.“ Und am Ende des 2. Teil hat eben jener Faust einen Moment der Ruhe, in dem er zurückblickt und feststellt, dass er einiges erreicht und geschafft hat in seinem Leben. Er hat sich nicht mit Reden aufgehalten: "Im Anfang war die Tat!", stellt er im 3. Akt fest. Danach handelt er, deshalb fehlt er, bereut - und fährt fort zu handeln.
P.S.: Das Europa, das wir gegenwärtig haben, erinnert mich an ein beliebtes Spiel der Surrealisten: Die erlesene Leiche. Man schreibt einen Satz auf ein Blatt, faltet das Papier so, dass nur das letzte Wort zu lesen ist, und gibt das Blatt weiter. Der Nächste schreibt einen zweiten Satz, der sich oder auch nicht auf das letzte Wort des vorigen bezieht, usw. Die Geschichten, die dabei entstehen, sind mitunter lustig, entsetzlich und von eindringlichen Bildern. Nur eines sind sie nicht: plausibel.
Freitag, 27. Juli 2007
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